Man spricht oft über Kinderrechte – aber offensichtlich nicht oft genug, so dass dieses Thema der Gesellschaft bewusst wäre. Das zeigt der frisch veröffentlichte Kinderreport des Deutschen Kinderhilfswerks, der als Barometer zur Umsetzung von Kinderrechten gilt.
Kinderrechte – ein Thema für ganz Europa
Die Kinderrechte wurden in der United-Nations-Kinderrechtskonvention seit 1989 festgeschrieben und 2010 in Deutschland endgültig ratifiziert. Das Dokument ist eine tolle und anerkannte gesetzliche Grundlage für alle Akteure im Bereich Kindererziehung.
Stark vereinfacht spricht man über 10 Grundrechte der Kinder:
- Das Recht auf Gleichbehandlung unabhängig von Herkunft, Religion und Geschlecht
- Das Recht auf Gesundheit
- Das Recht auf Bildung
- Das Recht auf Spiel und Freizeit
- Das Recht auf freie Meinungsäußerung und Beteiligung
- Das Recht auf eine Privatsphäre und gewaltfreie Erziehung
- Das Recht auf Schutz im Krieg und auf der Flucht
- Das Recht auf Schutz vor wirtschaftlicher und sexueller Ausbeutung
- Das Recht auf eine Familie, elterliche Fürsorge und sicheres Zuhause
- Das Recht auf besondere Fürsorge und Förderung bei Behinderung
Bildungsgerechtigkeit als Schwerpunkt 2016
Als Schwerpunkt des diesjährigen Kinderreports wurde Bildungsgerechtigkeit im Sinne der Bildungschancen der von der Armut betroffenen Kinder gewählt. Das Thema ist höchst aktuell, vor allem weil die Kinderarmut in Deutschland nach wie vor erschreckend hoch ist: jedes fünfte bzw. sechste Kind in Deutschland ist von der Kinderarmut betroffen – das sind rund drei Millionen Kinder. Tendenz steigend: die aktuell nach Deutschland kommenden geflüchteten Kinder werden hier noch nicht mitgezählt. Und nur wenige von den drei Millionen schaffen es, aus der Armut auszubrechen und die eigenen Kinder in den würdigen Lebensbedingungen zu erziehen, wozu das einzige Mittel Bildung ist. Besonders gefährlich ist die Situation bei den Kindern in der Altersgruppe 0 bis 6 Jahre: die Armut ist von 1999 bis 2011 von 15,3% auf 23,8% gestiegen.
Sind denn die Bildungschancen für alle Kinder in Deutschland gleich? Was sind die Ursachen der Kinderarmut? Was ist über die Kinderrechte bekannt? Inwiefern dürfen die Kinder mitbestimmen? Fragen zu diesen Themen wurden im Rahmen der Umfrage an 1.131 Personen, darunter 589 Kinder und 542 Erwachsene, gestellt. So soll erfasst werden, was für einen Kenntnisstand die deutsche Gesellschaft über das Thema Bildungsgerechtigkeit hat.
Die krassen Zahlen
- Kinderrechte
Nur 15% der befragten Kinder und 14% der Erwachsene kennen sich mit dem Thema Kinderrechte gut aus und können einige davon nennen. Die absolute Mehrheit (62% und 77%) hat das Wort schon mal gehört, weiß aber nicht genau, worum es geht.
- Mitbestimmung
Den Kindern fehlt das Mitbestimmungsrecht: 95% der Befragten wünschen sich mehr Mitbestimmung in der Schule, 93% – in der Familie, 86% – im Kultur- und Freizeitbereich, 87% – in Deutschland insgesamt.
Bei den Erwachsenen sind die Prozentwerte etwas niedriger; sie teilen aber die Tendenz, dass die Mitbestimmung von Kindern in den genannten Bereichen wichtig ist.
- Ursachen der Kinderarmut
Die Top-Drei Gründe für die Kinderarmut werden in der systematischen und strukturellen Benachteiligung der Betroffenen von der Gesellschaft gesehen. Sowohl die Kinder als auch die Erwachsenen haben die niedrigen Einkommen der Eltern (87% und 85%), geringe Unterstützung von Alleinerziehenden (86% und 80%) und die nicht ausreichende Aufmerksamkeit der Politik zum Thema Kinderarmut (84% und 83%) als Ursachen genannt.
- Bildungschancen der Kinder in Armut
Die armen Kinder haben weniger Chancen auf einen guten Abschluss – dem stimmen 84% der Kinder und 89% der Erwachsenen zu. Daran sind ihrer Meinung nach als Erstes die Unterschiede im Bildungssystem zwischen den verschieden Bundesländern Schuld. Danach werden solche Gründe wie geringe Förderung von benachteiligten Kindern, wenige Erziehungskräfte und schlechtes Lehrmaterial benannt.
Wir greifen das Problem auf
Man muss leider feststellen: die UN-Kinderrechtskonvention wurde in Deutschland bisher noch nicht völlig umgesetzt. Der Bekanntheitsgrad in der Gesellschaft ist nicht wirklich hoch und die Entscheidungsträger setzen sich mit dem Thema nicht ausreichend auseinander.
Als eine gemeinnützige Organisation setzen wir da ein, wo bisher noch wenig gemacht wurde – und zwar im Bereich frühkindliche Bildung für die Kinder aus den Familien in schwierigen Lebenslagen. Wir sind der Ansicht, dass je früher man mit der Förderung anfängt, desto effektiver ist sie – also fangen wir hier und jetzt an.
Zu den wichtigsten Problemen haben wir Lösungen:
- Es gibt nicht genug Erzieher? Dann muss es eine Alternative geben, um Kinder in ihrem familiären Umfeld zu fördern.
- Die Lehrmaterialien sind nicht gut genug? Dann entwickeln wir bessere.
- Die Kinder von 0 bis 6 Jahren sind am meisten betroffen? Dann ist es genau unsere Zielgruppe.
- Die Familien sind arm? Dann bekommen sie unsere Bücherboxen kostenfrei.
So trifft unser Reading Empowerment Programm mit den innovativen Bücherboxen genau das Ziel. Wir bekämpfen die Kinderarmut durch die Bekämpfung der Bildungsarmut.
Text: Ekaterina Anokhina
Bild: pixabay